Ausgabe 44 - Oktober 2010

- 7 - Schienbein, mit Namen Hans und Anna Bruder. Aber zurück von der Sozialgeschichte zu Frau Schien- bein heute: Was uns beide faszinier- te, als wir mit ihr sprachen, waren ihre Schlagfertigkeit und ihr Ge- dächtnis. Sie verfügt auch mit 90 Jahren noch über ein solches Maß an Wissen und Storys aus der Ver- gangenheit und aus der Gegenwart, dass uns nur das Schlagwort „Computergehirn“ einfiel. Und die- ses Computergehirn spuck- te faktensicher und lebendig erzählend weiter Fakten aus ihrem Leben aus: Als Exil- Grönländerin wurde sie nicht in die legendäre Volksschule 33 auf der (heutigen) Peter-Lauten- Straße eingeschult, sondern in die Volksschule 21 auf der Marktstraße. Hier übri- gens gab es die neuesten pädagogischen Methoden schon in den 20er Jahren: Die Kinder sollten selbst- ständig arbeiten, der Lehrer nicht frontal die Weisheiten der Welt verkünden. Dass Lehrer Semrau bei diesen eigenständigen Schülerar- beiten - meist waren es Aufsätze - regelmäßig ein Nicker- chen machte, steht auf einem ande- ren Blatt. Die Schule war für Marianne Schienbein – damals noch Wecker- mann – allerdings nur von periphe- rem Interesse. Sie wollte sich bewe- gen, turnte gerne und gut und war Mitglied im KTV (Krefelder Turn- verein), der später mit Preußen Kre- feld zum KTSV Preußen fusionier- te, eine Entwicklung, die sie rück- blickend sehr kritisch sieht. Und Sport treibt sie auch noch heute: Wir trafen uns zum Gespräch im Haus Uhlen am Abend, am Tag war Frau Schienbein in der Tagespflege im Seniorenheim am Wilmendyk gewesen. „Hervorragende Betreu- ung dort“; meint sie. „Wir haben heute sogar Sitzfußball (!!!) ge- spielt.“ Der Turnverein, genau genommen das Turnerheim Blumental, war auch ihre zweite Heimat, falls die gestrengen Eltern es erlaubten. Und so war es auch fast logisch, dass die Turnerin Marianne ihren späteren Ehemann Walter („Er war Leis- tungsturner!“ berichtet sie stolz!) dort kennen lernte. Man heiratete 1950 und war 35 Jahre – bis zum Tode von Walter Schienbein – ver- heiratet. Zusammen sind die beiden gereist, haben die Welt erkundet und viele schöne Dinge gesehen. Das schöne Städtchen Willingen im Sauerland hat es Marianne Schien- bein übrigens besonders angetan. Ins „Haus Friederike“ dort reist sie seit 35 Jahren. Interessant ist übrigens auch die berufliche Karriere von Marianne Schienbein. Ange- fangen hat sie - wie viele Mädchen in Krefeld - im Textilbereich als Schneide- rin, hat dann aber den Haus- halt der Familie Wellmann organisiert. Wellmanns waren die Mitin- haber des bekannten Krefel- der Unternehmens Becker & van Hüllen. Und die selbst- bewusste Marianne hat auch als Ehefrau weiter dort gear- beitet. Alles in allem eine interes- sante Vita einer lebendigen 90Jährigen. Die dunklen Punkte (Bombennächte und Treffer einer Luftmine auf das Haus St. Töniser Straße 16) etc. lassen wir hier einmal aus. Lange schon wohnt sie auf der Dio- nysiusstraße, und trotz ihrer starken Sehbehinderung - hören kann sie aber noch wie ein Luchs – unter- nimmt sie noch viel, wie z.B. die Die Jubilarin auf ihrer Geburtstagfeier.

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