Gastwirtschaften im Grönland
Es scheint wohl festzustehen, dass Grönland zunächst nicht das Viertel war, in dem sich die stadtmüden Krefelder Geschäftsleute der gehobeneren Kategorie niederlassen wollten. Dazu bestand wohl auch kein Anlass, denn als Einfallstraßen aus dem Hinterland wurden sowohl die St. Töniser als auch die Süchtelner Straße viel von den ein- und ausfahrenden Bauern mit ihren Pferdefuhrwerken benutzt.
Man muss sich vorstellen, dass die damalige St. Töniser Straße nicht breiter war als die heutige Peter-Lauten-Straße von den Gärten bis zur Bahnunterführung. Die Süchtelner Straße, die damals noch an der Bahnüberführung am Westbahnhof begann und noch Alte St. Töniser Straße hieß, war nicht mehr als ein Feldweg.
Was Wunder, dass an solchen Straßen keine prächtigen Häuser erstanden, sondern niedrige Häuschen mit kleinen Fenstern und Türen und nur so hoch, dass man mit den Händen fast die „Daakkall“ erreichen konnte. Hier wohnten die Leineweber, die mit der ganzen Familie tagaus, tagein in Heimarbeit für ihren Lebensunterhalt sorgen mussten, und die ihre Waren nur für Pfennige an den Mann bringen konnten.
So waren also auf der St. Töniser und auch auf der Süchtelner Straße hinter der Schule eine Reihe Häuschen entstanden, in denen nicht gerade reiche Leute wohnten. Die Häuserreihe auf der St. Töniser Straße hießen für die weiter in Richtung Stadt wohnenden Grönländer „Flohkau“, welches schon auf den sozialen Status hindeutete. Die Häuserzeile auf der Süchtelner Straße nannte man „Spitzbergen“; das passte schon eher zum „Grönland“.
Woran es allerdings im Grönland trotz der offensichtlichen Armut nicht mangelte, das waren Kneipen! Denn, gewitzt wie die Grönländer nun mal waren, hatten sie für die Pferdegespanne der passierenden Bauern aus St. Tönis, Kempen und Süchteln unmittelbar vor der Kempener Grenze eine Pferdetränke errichtet und noch eine in der Nähe vom Westbahnhof. Und da nicht nur Pferde, sondern auch deren Fuhrleute Durst haben, gab es hier auch für diese etwas zu trinken.
Bereits am Ortseingang war der „Schickshof“ mit einem Parkplatz für die Wagen und einer dicken, langen Stange zum Anbinden der Pferde. Nur 50 Meter davon entfernt hatte der Bauer Leikes an der Süchtelner Straße ein Gartenrestaurant. Das „Feldschlösschen“, welches man heute nur noch unter dem Namen „Schrörshof“ kennt. Und hier befand sich auch die Tankstelle für die Pferde, die später durch eine Tankstelle für die nun langsam aufkommenden Kraftfahrzeuge ersetzt wurde. Wiederum nur einen Steinwurf weiter war die Gaststätte Litchen, heute Restaurant und Hotel Westend. Mal eben um die Ecke, auf dem Weeserweg, gab es das „Haus Wees“.